Organisationsentwicklung – ein Bericht von Bewahren und Verändern, Umsicht und Mut
Manchmal ist der richtige Moment gekommen, um Gewohntes zu hinterfragen und neue Wege zu eröffnen. In diesem Erfahrungsbericht begleite ich ein Führungsteam, das sich zwei Tage Zeit genommen hat, um über die Zukunft seiner Organisation nachzudenken. Ein Prozess voller Umsicht, Mut und spürbarer Verantwortungsgemeinschaft.
Kontext der Organisationsentwicklung
Eine bundesweit tätige Körperschaft mit Dienstleistungsfokus ist in regionale Bereiche gegliedert, die ihre Organisationsentwicklung eigenständig gestalten können. In einem dieser Bereiche stand das Führungsteam vor der Frage, ob und in welchem Umfang die organisationale Aufstellung verändert werden sollte. Dafür wurde gründlich im Vorfeld nachgedacht und schließlich zwei ganze Tage reserviert, um gemeinsam im Raum eine Entscheidung zu treffen.
Warum Veränderung nötig wurde – vom Bewahren zum Gestalten
Der Bereich erstreckt sich über mehrere Standorte in zwei Bundesländern – in Ost- und Westdeutschland – und ist damit von kultureller Vielfalt bei Kunden und Mitarbeitenden geprägt. Die Teams sind klassisch vor Ort organisiert, leben einen hohen Zusammenhalt und nutzen zugleich hybride Arbeitsformen zwischen Standort und Homeoffice. Die Leistungserbringung erfolgt bisher rein regional, sodass die organisatorische Zugehörigkeit zum selben Bereich kaum spürbare Verflechtungen in der Zusammenarbeit hervorbringt. Gleichzeitig zeichnet sich an allen Standorten eine hohe Leistungsorientierung und große Transparenz aus.
Trotz dieser Stabilität stießen die Teams zunehmend an Grenzen: Unterschiede in der Skill-Verteilung, eine heterogene Altersstruktur, die Mischung aus Teilzeit- und Vollzeitkräften sowie ungleiche Recruitingchancen führten dazu, dass die Leistungsfähigkeit nicht überall optimal entfaltet werden konnte. Die Führungskräfte spürten, dass die Zeit reif war für eine Weiterentwicklung – auch wenn sie gleichzeitig mit ihren „ans Herz gewachsenen“ Teams aktuell sehr erfolgreich arbeiteten.
Ziele und Leitfragen des Führungsteams
Das Führungsteam nahm sich vor, verschiedene Veränderungsmöglichkeiten auszuloten, deren Potenziale einzuschätzen und gemeinsam zu klären, welche Schritte es bereit wäre zu tragen. Ziel war eine Entscheidung über das Ob, das Wie und den Zeithorizont einer organisationalen Weiterentwicklung.
Das gemeinsame Vorgehen – Dialog, Verantwortung und Entscheidungsfindung
Der Vorgesetzte würdigte zunächst die Arbeit seines Teams. Stolz machte er deutlich, dass keine akute Notlage vorlag – ihm ging es vielmehr darum, dass sowohl die Entscheidung über Veränderungen als auch die Einigkeit in der Trägerschaft von allen gemeinsam getragen werden sollten. Im nächsten Schritt ergänzten die Mitglieder des Führungsteams ihre Erwartungen an den Prozess, trugen die relevanten Aspekte möglicher Organisationsänderungen zusammen und schätzten den erwartbaren Nutzen im Verhältnis zu Aufwand und Preis ein.
Nachdem die möglichen Veränderungen sichtbar waren, richtete sich der Fokus stärker auf die Teams selbst. Systematisch nahmen die Führungskräfte die Perspektive jedes anderen Teammitglieds ein und legten offen, welche Hoffnungen und Befürchtungen in Bezug auf die möglichen Veränderungen im Raum standen. Beeindruckend war, wie authentisch sich die Führungskräfte dabei zeigten: Veränderungsenergie und Widerstände wurden gleichermaßen transparent und konnten so in die gemeinsame Verantwortung genommen werden. Deutlich wurde dabei, dass sich die Interessen stets auf drei Ebenen abspielten – mit Blick auf den Gesamtbereich, auf das jeweils eigene Team und auf die persönliche Rolle der einzelnen Führungskraft.
Auf dieser Basis entstanden drei Szenarien mit unterschiedlichem Ambitionsniveau: eine standortbezogene Optimierung, eine stärker auf Kooperation und Vernetzung ausgerichtete Weiterentwicklung sowie eine komplette, standortunabhängige Neubildung der Teams. Die Diskussion zeigte schnell, dass die Gruppe nicht den kleineren Weg gehen wollte. Die Entscheidung fiel klar und einmütig auf den großen Wurf – trotz der Emotionen, die damit verbunden waren, und trotz der Spannungen, die in den Mitarbeitergruppen zu erwarten sind.
Um die Entscheidung zu festigen, arbeitete das Team heraus, welche Wirkungen und welcher Nutzen mit der Umsetzung verbunden sein könnten, welche Kompetenzen, Werte und Glaubenssätze sich verändern müssten und welche Identitätsveränderung der Bereich damit durchlaufen würde. Ebenso wurde geklärt, was bewusst aufgegeben werden müsse, um Raum für Neues zu schaffen.
Fazit – Mut, Herz und Verantwortung in der Organisationsentwicklung
Mit Herz, Mut und einem anpackenden Mindset kann es gelingen, auch Entscheidungen von großer Tragweite gemeinsam zu treffen und zu tragen. Dieses Führungsteam hat mich sehr beeindruckt: eigenständige Charaktere, die sich menschlich zugewandt und nah zeigten, und zugleich kraftvoll in ihrer Verantwortungsgemeinschaft für den gesamten Bereich handelten.
Sind Sie auch interessiert an einer Organisationsentwicklung?